Du kannst alles haben

Nach einem Text von Gerhard Schöne.

Es geht das Gerüchte um, in einem orientalischen Bazar sei alles zu finden, was es nur zu haben gebe. So sind es auch immer viele Kauffreudige, Neugierige und Enttäuschte, die in all der bunten Farbenpracht und der Vielfalt der Gerüche nach dem Suchen, was ihr Leben schöner oder doch zumindest einfacher macht.

Einer dieser Sucher - vielleicht war es auch nur ein Müssiggänger - kam schließlich in einen gar wunderbaren Laden. Er lag etwas versteckt, dicke Tücher bedeckten den Eingang und im Inneren gab es nur schummriges Licht. Eigenartig war die Stimmung und eigenartig war auch der Händler, der inmitten seiner Waren sass. Er trug ein lichtweisses Hemd und hätte es der Besucher nicht besser gewusst, hätte er schwören können, darunter zwei paar Flügel gesehen zu haben.

Der ganze Raum war bis unter die Decke voll mit Körben, Kisten und Tüten gepackt. Doch im Dämmerlicht war nicht zu sehen, was sie verbargen. ”Was verkaufen Sie hier?“ fragte der Besucher und bekam flugs die Antwort: ”Was immer Sie sich wünschen, das alles können Sie haben. Das, wonach Sie sich sehnen, was Sie glücklich machen kann, was Sie schon nicht mehr zu hoffen wagten, das alles biete ich an.“

Zwar wunderte sich der Besucher, doch wollte er die Gelegenheit nicht verpassen, sich als das zu wünschen, was ihm schon lange auf dem Herzen lag - bevor der seltsame Händler es sich womöglich wieder anders überlegte.

”Wenn das so ist, dann möchte ich, dass es überall Frieden gibt, so dass kein Blut mehr irgendwo fließt. Und auch die Gaben der Erde, sollen gerecht verteilt werden. Ich wünsche den Menschen Verstand in die Köpfe, und ein Herz voller Gaben für die Schwachen der Welt. Eltern sollen wieder mit ihren Kindern spielen und auch die Tiere sollen auf Wiesen und nicht in Schlachthöfen stehen...“, sprudelte es aus ihm heraus und er holte tief Luft, um mit seinen Wünschen fortzufahren.

”Einen kleinen Moment!“, sprach da der Händler mit feinem Lächeln. ”Ich glaube Sie haben mich falsch verstanden. Mir scheint, Sie wollen bei mir Früchte kaufen. Nun, ich verkaufe keine Früchte, aber die Samen, die erhalten Sie hier!“.